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Eigentum ist kostbar, denn es macht frei!

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Von Kontrapunkt* vom 10. Juli 2011

Krisen, etwa des Finanzsystems, der Umwelt oder ganzer Staatswesen, nähren Zweifel an der Tauglichkeit des kapitalistischen Systems. Die Kritik an den Auswüchsen dieses Systems wird immer breiter, bleibt aber oft bei den Symptomen stehen. kontrapunkt, ein Netzwerk prominenter Schweizer Professoren, setzt bei den tiefer liegenden Ursachen an: Mit einer neuen Sichtweise und Ordnung des Eigentums will kontrapunkt den Kapitalismus in den Dienst der Freiheit für alle stellen.

Nicht nur die wachsende Schicht der „working poor“, auch der Mittelstand geriet in den letzten zwei Jahrzehnten wirtschaftlich unter Druck. Die Löhne stagnierten, vor allem im Vergleich mit der obersten Einkommensschicht, welche ihre Vermögenswerte markant ausbaute. Heute gehört in der Schweiz die Hälfte des Geldes etwa drei Prozent aller Haushalte.

Die Gefahren dieser Fehlentwicklung wachsen offenkundig. „Die soziale Brisanz wird zunehmen“, warnt etwa der Basler Soziologieprofessor Ueli Mäder, der sowohl die Armut als auch den Reichtum in der Schweiz wissenschaftlich untersucht hat. „Der soziale Frieden und der Arbeitsfrieden werden dadurch gefährdet“, befürchtet Mäder und sagt voraus: „Die zunehmende Wut und Verunsicherung gibt populistischen und neopopulistischen Kräften Auftrieb.“

Dem nur mit mehr sozialstaatlicher Umverteilung zu begegnen, beseitigt die Problemursachen nicht. Um diese vermehrt direkt anzugehen, schlagen wir vor, privates Eigentum als Voraussetzung der realen Freiheit der gesamten Bevölkerung zu verstehen und deshalb als Grundrecht aller Bürgerinnen und Bürger wirksamer als bisher zu schützen. Sonst erodiert auch die freiheitliche Demokratie. Denn für ein real freies Leben, die freie Ausübung der Bürgerrechte und die ihr notwendig zugrunde liegende Bildung ist eine hinreichende materielle Unabhängigkeit erforderlich. Darin sind sich fast alle freiheitlichen Vordenker seit den alten Griechen einig.

Um die Untrennbarkeit von Wirtschafts-, Staats- und Bildungsbürgerschaft besser zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick in die Entstehung der Freiheitsrechte zu werfen. Dabei wird auch klar, weshalb diese Rechte durch die gegenwärtige Spielart des ungebremsten Kapitalismus bedroht sind.

Der Ursprung des modernen Bürgerstatus liegt in der Stellung des spätmittelalterlichen Kaufmanns, der sich aus der Feudalherrschaft emanzipiert hatte. In die Bürgerschaft der Stadt aufgenommen werden konnte nur, wer die Befähigung sowie das nötige Kapital zur Ausübung eines selbständigen Gewerbes nachwies. Daneben musste der Bewerber städtisches Wohneigentum besitzen und auf einen fairen Steuerbeitrag verpflichtet werden können. Damit galt er als fähig und unabhängig genug, um sich in städtischen Republiken mündig und mitverantwortlich in die politische Willensbildung einbringen zu können.

Der deutsche Philosoph Immanuel Kant (1724-1804) betrachtete es gar als eine Gefahr für die Demokratie, „abhängigen Taglöhnern“ die Bürgerrechte zuzugestehen. Denn diese würden sich ohnehin nur im Sinne ihrer Brotherren äussern. Damit wollte er die Republik vor einem Übergewicht der wirtschaftlich Mächtigen schützen und so die bürgerliche Freiheit stärken.

Die moderne Gesellschaft schliesst hingegen alle Gesellschaftsmitglieder ein: Sie begegnen sich allesamt auf Augenhöhe. Diese Vorstellung hat sich allerdings nur sehr langsam durchgesetzt. Das wohl eindrücklichste Beispiel dafür war das lange fehlende Frauenstimmrecht in der Schweiz.

Seit Kant sind zwei Jahrhunderte ins Land gegangen. Man hat das Spannungsverhältnis zwischen bürgerlicher Gleichheit und wirtschaftlicher Ungleichheit anders zu bewältigen versucht: Über das grundlegende Stimm- und Wahlgeheimnis hinaus entstanden verschiedene Emanzipationsbewegungen und schliesslich der Sozialstaat, der allen ein minimales Auskommen und damit auch die freie Ausübung der politischen Teilnahmerechte sichern soll.

Geblieben ist jedoch das Grundproblem, das Kant beschäftigt hat. Und es hat inzwischen ganz andere Dimensionen angenommen. Heute steht die demokratische Mitsprache als solche zur Diskussion: Das Feld, auf dem politische Teilnahmerechte ausgeübt werden können, wird faktisch immer mehr eingeschränkt. Angebliche wirtschaftliche Sachzwänge entziehen wichtige Entscheide der politischen Einflussnahme des Aktivbürgers. Versuche der demokratischen Einflussnahme, beispielsweise auf das Vergütungssystem von Managern oder auf neue Bankenregulierungen, werden als Gefährdung der freiheitlichen Wirtschaftsordnung abgewehrt.

Neoliberale Kräfte fordern, solche Entscheide den Wirtschaftsführern allein zu überlassen, also jenen, die mehr besitzen und über mehr Mittel verfügen als der grosse Durchschnitt. Es handelt sich um den Versuch, die Idee der „gleichen Augenhöhe“ aller Bürgerinnen und Bürger zu untergraben. Als Begründung der angeblichen ökonomischen „Sachzwänge“ wird angeführt, es hätten nicht alle die Kompetenz (im doppelten Sinn der Fähigkeit und Berechtigung), über solche Fragen sachgerecht zu befinden.

Eine legitime öffentliche Ordnung, mithin auch die Wirtschaftsordnung, kann jedoch nur von Bürgerinnen und Bürgern mit gleichen Teilnahmerechten und -chancen errichtet werden. Deshalb hat die Garantie des Privateigentums zwei Seiten: Eigentum erlaubt es nicht nur, real frei zu sein und ein individuell selbstbe­stimmtes Leben zu führen. Eigentum ist auch Voraussetzung für die republikanische Mitwirkung freier Bürgerinnen und Bürger an der demokratischen Bestimmung der öffentlichen Ordnung. In beiden Bereichen besteht die Kostbarkeit des Eigentums darin, dass es frei macht.

Wenn aber Privateigentum eine so wesentliche Basis sowohl der Privatautonomie als auch der politischen Mitsprache der Bürgerinnen und Bürger ist, müssten dann in einer freiheitlichen Gesellschaft nicht auch alle über ein bestimmtes Mass an Eigentum verfügen können? Prinzipiell ja! Fast alle namhaften Vordenker der politischen Philosophie des Liberalismus sind sich darüber einig. Die Wirklichkeit sieht allerdings je länger desto mehr ganz anders aus.

Das inzwischen sehr steile und weiter zunehmende Vermögens- und Einkommensgefälle erschüttert die Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft. Das hochkonzentrierte Kapital verschafft einer immer schmaleren Schicht von Eigentümern und ihren angestellten Managern eine ständig wachsende Finanzmacht und auf dieser Grundlage ein gefährliches Machtpotential gegenüber dem Einzelnen, den Medien und dem Staat.

Längst frisst sich dieser fragwürdige wirtschaftliche „Fortschritt“ auch in beruflich durchaus qualifizierte Schichten hinein und beschleunigt damit den Niedergang des Mittelstandes. Die Doktrin des neoliberalen Marktradikalismus räumt dessen ungeachtet der Kapitalrendite den Vorrang gegenüber allen anderen wirtschaftlichen Ansprüchen ein (z.B. auf günstige Preise für die Konsumenten, faire Löhne für die Mitarbeitenden und angemessene Steuerleistungen der Unternehmen für die Allgemeinheit). Ihren vorläufigen Höhepunkt fand dieses eindimensionale Denken und Handeln in der „systemischen“ Finanz- und Schuldenkrise, die in einigen besonders betroffenen Ländern auch in eine Sozialkrise mündete.

Die Ohnmacht der Schwächeren, die sich nicht aus eigener Kraft am (Unternehmer- oder Arbeits-)Markt zu behaupten vermögen, beschränkt wesentlich ihre reale Freiheit, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Der Sozialstaat versucht dem mittels nachträglicher Umverteilung entgegenzuwirken. Dies „empört“ wiederum die neoliberalen Ideologen, die sich in ihren Medien laut über den „wuchernden Sozialstaat“ beklagen, ohne die Ursachen in ihrer eigenen Doktrin zu erkennen. Solche Polemik unterhöhlt den bürgerlichen Status sowie das Selbstbewusstsein der wirtschaftlichen Verlierer und gefährdet damit nicht nur deren Motivation, sondern auch die freiheitlich-republikanische Qualität ihres politischen Mitwirkens.

Auf dem Spiel steht auch die freie Selbstbestimmung der nach uns kommenden Generationen in einer lebenswerten Umwelt. Sie können ihre legitimen Ansprüche ja noch nicht selbst vertreten, obwohl sie die Auswirkungen heutiger wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer (Fehl-)Entscheidungen zu tragen haben. Fataler noch als im wirtschaftlichen und sozialen Bereich (Finanz-, Schulden- und Sozialkrisen) können Störungen im natürlichen Gleichgewicht oder technisch verursachte Umweltkatastrophen zur Begrenzung der zukünftigen Handlungsoptionen für die Menschen führen – auch in Form von massiv einschränkenden Notmassnahmen.

Es wird Zeit, die strukturellen Ursachen der skizzierten Fehlentwicklungen anzupacken, und nicht nur die Symptome zu bekämpfen: Im Zentrum dieser buchstäblich kapitalen Herausforderungen der bürgerlichen Gesellschaft steht die Frage nach einer freiheits­fördernden Eigentumsordnung. Es geht heute darum, die Grundlagen einer Bürgergesellschaft, die ihren Namen verdient, zu erneuern und die Marktwirtschaft konsequent in die zivilisierte Ordnung einzubinden. Wir benötigen also ein neues Eigentumsrecht, das wirksam zur realen Freiheit aller Staatsbürger beiträgt.

Deshalb schlagen wir vor, in Zukunft zwischen Eigentum und Kapital zu unterscheiden:

Eigentum dient dem Persönlichkeitsschutz jedes Menschen. Es macht ihn frei, seine übrigen Freiheitsrechte wahrzunehmen. Es ist daher ein zentrales Grundrecht unserer Verfassung.

Kapital hingegen ist bloss ein Vermögensrecht, das Besitzende berechtigt, mit ihren finanziellen Mitteln produktiv tätig zu werden, wirtschaftlichen Gewinn zu erzielen und auf diesem Weg letztlich Macht über andere Menschen auszuüben. Das gehört zur marktwirtschaftlichen Ordnung, muss aber mit dem Allgemeininteresse vereinbar sein und jederzeit die unantastbaren Persönlichkeitsrechte aller Betroffenen wahren. Zu diesem Zweck soll den Verfügungsrechten über Kapital ein demokratisch bestimmter Rahmen gesetzt werden. Das verletzt keine Grundrechte, sondern dient gerade ihrem Schutz.

Im Einzelnen schlagen wir eine Eigentums- und Kapitalverfassung nach folgenden fünf Grundsätzen vor:

1. Trennung von Eigentum und Kapital

Die Eigentumsgarantie ist ein liberales, existenzsicherndes, von der Verfassung zu garantierendes Persönlichkeitsrecht des Menschen. Die Wahrnehmung dieses Rechts durch die Einen darf den Anderen nicht schaden; gerade deshalb muss es gesellschaftlich verallgemeinert werden. Der gesellschaftliche Schutz des Eigentums ist legitim, weil es die Voraussetzung dafür bildet, alle anderen liberalen Grundrechte auszuüben. Der Gesetzgeber wird zur Abgrenzung des Eigentums vom Kapital eine Grenze für das grundrechtsgeschützte Eigentum festlegen, zum Beispiel zwei Millionen Franken inklusive selbst genutztes Wohneigentum, zuzüglich Pensionskassenvermögen im obligatorischen Teil.

Das Kapital umfasst jene Guthaben, die über die Grenze der Eigentumsgarantie hinaus reichen. Das Kapital wird nicht in der Verfassung, sondern nur im Rahmen der Gesetzgebung geschützt. Innerhalb des Kapitals lässt sich ein Teil ausmachen, der Gegen­stand gesellschaftlicher Regulierung sein muss, weil seine Wirkung auf das Gesamtsystem gross ist. Dazu gehört ein grosser Teil des Finanzkapitals, welches heute der Spekulation dient. Nicht systemrelevantes Kapital braucht nur in geringem Masse reguliert zu werden. Gründe dafür können sein: die geringe Höhe des Kapitals (etwa bei KMUs), die Nähe zum Grundrechtsschutz (bei vielen kleineren Familienunternehmen) oder das Fehlen einer wirtschaftlichen Machtposition.

2. Eigentumsgarantie nur für natürliche Personen

Eigentum kann als Persönlichkeitsrecht nur natürlichen Personen zukommen. Es ist Ausdruck der Menschenwürde und Voraussetzung der individuellen Entfaltung sowie der republikanischen Teilnahme an der Errichtung der öffentlichen Ordnung einer liberalen Gesellschaft. Juristische Personen – insbesondere Aktiengesellschaften – können kein selbstbestimmtes Leben führen und nicht an der republikanischen Mitbestimmung der öffentlichen Ordnung mitwirken. Ihr Vermögen verdient daher nicht den gleichen Schutz wie jenes natürlicher Personen.

3. Ordnungspolitische Systemregulierung

Anders als das Eigentum und das eigentumsnahe Kapital muss das weitgehend anonym wirkende, systemrelevante Kapital durch die Wirtschafts-, Sozial- und Umweltverfassung reguliert werden. Das ist Aufgabe der Ordnungspolitik. Sie soll dafür sorgen, dass der private Kapitaleinsatz dem Gemeinwohl nicht schadet.

Die Unterscheidung zwischen Eigentum und Kapital ist eine Folge der konsequenten Ausrichtung des vorliegenden Konzepts auf den Schutz und die Förderung der Persönlichkeit. Soweit Eigentum unmittelbar diesem Zweck dient, bleibt es weiterhin jedem Einzelnen als Grundrecht gewährleistet. Darum herum ergibt sich ein Vermögensbereich – Kapital genannt –, der weniger persönlichkeitsrelevant ist und auf Verfassungsebene nicht als Grundrecht geschützt werden muss.

Ordnungspolitisches Ziel dieses Vorschlags ist es vor allem, personales Eigentum und eigentumsnahes Kapital besser zu schützen. Denn die Gleichberechtigung in der Demokratie wird verletzt, wenn die Bürgerschaft aufgespaltet wird in einen Teil, der viel Kapital besitzt, das nicht persönlichkeitsrelevant ist, und einen andern Teil, der nicht einmal über das persönlichkeitsnotwendige Eigentum verfügt. Mindestens der Kernbereich des Vermögens, das Eigentum, muss allen real zugänglich sein.

4. Pluralistisches Unternehmensverfassungsrecht

Zu den wesentlichen Konsequenzen der entworfenen Eigentums- und Kapitalordnung gehört auch ein partizipatives Unternehmensverfassungsrecht. Vor allem grosse Unternehmen sind gesellschaftliche Wertschöpfungseinrichtungen, deren Erfolg auf der Kooperation vieler Beteiligter beruht und deren Entscheidungen die vitalen Interessen von noch mehr Menschen betreffen. Trotz privater Eigentums- beziehungsweise Kapitalbasis kommt ihnen deshalb faktisch ein öffentlicher Charakter zu. An die Stelle des heutigen Systems, das sämtliche Rechte an der Unternehmung den Aktionären vorbehält, soll dementsprechend ein pluralistisches System treten, das alle Anspruchsgruppen („Stakeholder“) in fairer Weise am Wirtschafts- und Entscheidungsprozess mitwirken lässt und an der gemeinsam erarbeiteten Wertschöpfung angemessen beteiligt.

5. Nachhaltigkeit der marktwirtschaftlichen Entwicklung

Freiheit ist nicht nur im Verhältnis zwischen den heute lebenden Personen, sondern auch für unsere Nachkommen zu sichern. Der liberale Rechtsstaat tut dies, indem er den nachhaltigen Umgang mit allen natürlichen Ressourcen als generelle Voraussetzung und Grenze der Eigentumsfreiheit rechtswirksam verankert.

Ergebnis: Eine wirklich liberale Eigentumsgarantie in der Bundesverfassung

Das vorgestellte Konzept versteht sich als liberal: Es grenzt sich ab von einer Bereicherungsideologie, die Liberalität mit Egoismus verwechselt; es grenzt sich ebenso ab von einer sozialstaatlichen Umverteilungsideologie, welche sich darauf fixiert, lediglich die Ergebnisse des Marktes nachträglich zu korrigieren.

Für diese freiheitlichen Ziele kommt es darauf an, den ordnungspolitischen Rahmen der Marktwirtschaft im republikanisch verstandenen Gesamtinteresse neu zu gestalten. In diesem Sinne schlägt kontrapunkt die Neufassung der Eigentumsgarantie in Artikel 26 der Bundesverfassung vor (Kasten).


Artikel 26 BV      Eigentumsgarantie1Die Eigentumsfreiheit natürlicher Personen ist gewährleistet. Sie schützt das Eigentum, soweit es der Persönlichkeit dient, die wirksame  Wahrnehmung der anderen Grundrechte ermöglicht und mit den Grundrechten anderer vereinbar ist.2Soweit Vermögensrechte darüber hinaus reichen, sind sie Rechte an Kapital. Sie werden durch Gesetz geschützt, soweit

  1. alle am Kapitalbildungsprozess Beteiligten auch am Ergebnis angemessen berechtigt werden
  2. das Kapital auf sozial- und umweltgerechte Weise genutzt wird und
  3. es nicht zur Verzerrung politischer Prozesse oder zur unsachgemässen Einflussnahme auf amtliche Entscheide dient.

3 Der Bund bestimmt die Grenzen der Eigentumsfreiheit und die Bedingungen der Kapitalbildung. Insbesondere regelt er die Pflichten der Eigentümer und Kapitalberechtigten gegenüber Dritten, der Gesellschaft und der Umwelt. Er fördert die Teilhabe aller an Eigentum und Kapital und gewährleistet die Nachhaltigkeit der Nutzung von Boden, Wasser, Luft, Energie und Biodiversität. Er vertritt diese Prinzipien auch in den auswärtigen Angelegenheiten.

4 Der Bund regelt insbesondere die Struktur der Kapitalgesellschaften so, dass sich alle Anspruchsgruppen verhältnismässig am Unternehmen beteiligen können.

5 Enteignungen und Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, werden voll entschädigt.

* Diesen Text haben folgende Mitglieder von kontrapunkt mitunterzeichnet:
Prof. Dr. Gabrielle Antille Gaillard, Ökonomin, Universität Genf; Prof. Dr. Klaus Armingeon, Politikwissenschafter, Universität Bern; Gabriella Bardin Arigoni, Politologin, Universität Genf; Prof. em. Dr. Beat Bürgenmeier, Volkswirtschafter, Universität Genf; Prof. Dr. Jean-Daniel Delley, Politikwissenschafter, Universität Genf; Dr. Peter Hablützel, Hablützel Consulting, Bern; Dr. iur. Gret Haller, Universität Frankfurt am Main; Prof. Dr. Kurt Imhof, Soziologe, Universität Zürich; Prof. em. Dr. Hanspeter Kriesi, Politikwissenschafter, Universität Zürich; Prof. em. Dr. René Levy, Soziologe, Universität Lausanne; Prof. em. Dr. Jacques Pasquier-Dorthe, Betriebswissenschafter, Universität Freiburg; Prof. em. Dr. Hans-Balz Peter, Sozialethiker und Sozialökonom, Universität Bern; Prof. Dr. Johannes Rüegg-Stürm, Betriebswirtschafter, Universität St. Gallen; Dr. oec. HSG Gudrun Sander, Executive School of Management, Technology and Law, Universität St. Gallen; Prof. Dr. Franz Schultheis, Soziologe, Universität St. Gallen; Prof. em. Dr. Beat Sitter-Liver, Praktische Philosophie, Universität Freiburg (Schweiz); Prof. Dr. Christoph Stückelberger, Wirtschaftsethiker, Universität Basel; Rudolf H. Strahm, Herrenschwanden; Prof. em. Dr. Eberhard Ulich, Arbeits- und Organisationspsychologie, ETH Zürich; Prof. em. Dr. Peter Ulrich, Wirtschaftsethiker, Universität St. Gallen; Prof. em. Dr. Karl Weber, Soziologe, Universität Bern; Prof. Dr. phil. Theo Wehner, ETH Zürich, Zentrum für Organisations- und Arbeitswissenschaften (ZOA), Zürich; Daniel Wiener, MAS-Kulturmanager, Basel. (nach Unterschriftsverfahren noch zu bereinigen)

2 Kommentare zum "Eigentum ist kostbar, denn es macht frei!"

  1. Colin Robert Metzger "Vermögenssteuermodell"
    Colin Robert Metzger "Vermögenssteuermodell" 17. Juli 2013 um 15:12 Uhr ·

    Ohne Eigentumsordnung keine nachhaltige Wirtschaft

     

    Mehrseitige Arbeit die ein neues, durchgerechnetes Vermögenssteuer Modell entwickelt mit dem Potenzial die Marktwirtschaft vom Casinokapitalismus zu befreien!

    Der mit 10 Diagrammen illustrierte Vergleich mit Vermögenssteuerdaten des Kantons Zürich, macht sie besonders anschaulich.

     

    Neues Vermögenssteuermodell für nachhaltige Marktwirtschaft (pdf).

     

  2. Philip Jacobsen 27. Juli 2013 um 14:07 Uhr ·

    Besten Dank für die differenziert ausgeführten Gedanken zur Frage des Eigentums. Sie zeigen, wo diese Frage heute steht und auch wo sie ansteht und deshalb nicht weiterkommt. Die sozialen – auch wirtschaftlichen – Phänomene und deren Folgen werden adäquat beschrieben, nur werden aufgrund falscher und unreflektierter Prämissen unsachgemässe Folgerungen gezogen.

    Die Freiheit ist das zentrale gesellschaftliche Gut, das es zu fördern, zu pflegen und zu schützen gilt. Freiheit ist nur möglich auf der Grundlage einer bestimmten Ordnung. Freiheit ohne Ordnung ist Willkür. Es braucht demzufolge eine Freiheit ermöglichende Eigentumsordnung. Dies erfordert als Erstes einen differenzierten Eigentumsbegriff. Der vorliegende Text leistet diese Differenzierung in ungenügendem Masse. Die wesentliche Unterscheidung ist diejenige zwischen Verfügungseigentum (an herstellbaren Produkten) und Nutzungseigentum (an Boden und Unternehmen). Dinge, die produzierbar sind, sind auch frei handelbar. Jeder kann über sie verfügen nach eigenem Gutdünken, innerhalb der bestehenden Rechtsordnung, zum Beispiel dem Umweltrecht. Dinge die nicht reproduzierbar sind, wie Boden und Unternehmen, dürfen nicht handelbar, sondern nur übertragbar sein an Menschen oder Gruppen, die es im Dienste und im Sinne der Allgemeinheit nutzen. Das römische Recht kennt nur das Verfügungseigentum, aber nicht das Nutzungseigentum, das das germanische Recht kennt. Diese beiden Rechtsformen müssen in zeitgemässer Form vereinigt werden. Privateigentum im Sinne von Verfügungseigentum muss gewährleistet und geschützt sein, Nutzungseigentum aber ebenso.

    Der vorliegende Text schafft die notwendige Differenzierung des Eigentumsbegriffs nicht, weil er das Dogma der Marktwirtschaft unangetastet lässt. Marktwirtschaft ist eine unzulässige Verallgemeinerung und deshalb ein unwissenschaftlicher Begriff. Markt ist angebracht im Bereich des Verfügungseigentums, aber nicht bei Nutzungseigentum. Die unsachliche Konstruiertheit der Unterscheidung Eigentum – Kapital zeigt sich daran, dass die Grenze zwischen diesen beiden Begriffen quantitativ in Form einer Zahl willkürlich gezogen werden muss. Weshalb zwei Millionen und nicht drei oder eine? Die Willkürlichkeit dieser Grenze zeigt, dass die Unterscheidung nicht sachgemäss ist. „Kapital“ im eigentlichen Sinne ist kein Eigentumsbegriff, sondern ein Potenzialbegriff. Kapital kann man nicht besitzen, sondern nur nutzen, um sein Potenzial frei zu machen. Eigentum ist immer darauf orientiert, was der Mensch damit machen kann und macht. Verfügungseigentum muss frei sein, Nutzungseigentum reguliert.

    Ein Verfassungstext muss erstens zwischen Verfügungseigentum und Nutzungseigentum unterscheiden und dadurch deren gleichwertige Existenz bestätigen. Zweitens muss er zeigen, was Nutzungseigentum ist. Alles andere ist Verfügungseigentum. Drittens muss er festlegen, wie Nutzungseigentum zu behandeln bzw. nicht zu behandeln ist. Der folgende Satz würde genügen, um dies zu zeigen: „Boden und Unternehmen sind unverkäuflich, nur übertragbar.“ Dadurch wären Boden und Unternehmen nicht mehr handelbar und der Spekulation entzogen. Dies würde das ganze Finanz- und Bankenwesen auf eine gesunde und tragfähige Grundlage stellen. Es bräuchte den ganzen, unsäglichen staatlichen Umverteilungsmechanismus nicht mehr. Die Staatsverwaltung würde auf ein gesundes Mass schrumpfen und die Staatsquote würde sinken, weil sich der Staat auf sein ihm zustehendes Gebiet der Rechtsetzung und Rechtdurchsetzung beschränken würde, anstatt im Wirtschaftsbereich direkt als Akteur einzugreifen. Natürlich bräuchte es die entsprechenden Umsetzungs- und Übergangsbestimmungen, einschliesslich Entschädigungen, um dem für eine freiheitliche Ordnung zentralen Rechtsgrundsatz von „Treu und Glauben“ zu genügen. Solange aber der Begriff der Marktwirtschaft verabsolutiert wird und dieses Dogma unangetastet bleibt, wird es keine wirklichen Lösungen geben, sondern nur alter Wein in neuen Schläuchen. Wir brauchen aber einen ganz neuen Wein. Die entsprechenden Schläuche werden sich dann finden lassen.

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